SCHANDMAL/MAHNMAL

Constanze Lorenz, Josephine Dishoni (Studio LUNDD, Leipzig)

Visuelle Interventionen als Umgangsform mit dissonanten Objekte oder Kunst- und Bauwerken verfolgen meist den Zweck, auf gesellschaftliche Missstände und Veränderungen hinzuweisen oder politische Statements zu betonen. Sie können sowohl eine Bühne für die Diskussion kontroverser Themen schaffen als auch zur Folge haben, eine tiefere Auseinandersetzung mit der Geschichte zu generieren und somit Werte einer Gesellschaft zu reflektieren, neu zu verhandeln.

Hier setzt das Projekt Schandmal/Mahnmal an: An mehr als 30 Fassaden von Kirchen in Deutschland befinden sich seit dem 13. Jahrhundert bis heute antisemitische Schmähplastiken, die das Bildprogramm der sogenannten Judensau wiedergeben. Über einen zeitgemäßen Umgang, die Kontextualisierung und Aufklärung des dissonanten Reliefs wird bis heute kontrovers diskutiert. Was also ist ein angemessener, sensibler und zeitgemäßer Umgang mit antisemitischen Bildprogrammen wie der sogenannten Judensau? Wie kann eine nachhaltige Erinnerungskultur für diffamierende Plastiken entwickelt werden?

In zwei Publikationen möchte sich das Projekt dem Diskurs über den Umgang mit dissonantem Erbe annähern. Das Faltplakat enthält Hintergrundinformationen und eine multiperspektivische, fiktive Diskussion zwischen 15 Akteur:innen aus Kirche, Architekturgeschichte, Politik und Gesellschaft, welche sich in dieser Konstellation nie begegnet sind, sondern zuvor in Einzelinterviews befragt wurden. Diese Interviewcollagierung steht auch als Audioguide zur Verfügung.

Das Begleitheft thematisiert praxisnahe und experimentelle künstlerische Interventionen und Verhüllungsmethoden am Beispiel der Schmähplastik in Wittenberg. Im Herzen der Arbeit steht das Modell (Maßstab 1:2) des konkreten Interventionsvorschlags. Ziel des Projekts ist es, mithilfe einer solchen vielschichtigen Intervention und Kontextualisierung ein Objekt dissonanten Erbes als sogenanntes Schandmal zu einem Mahnmal zu transformieren und einen multiperspektivischen Lernort anzubieten.

Instagram: @studiolundd

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